Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt

 

Revue des Liederkranz Weiler

mit einem Streifzug durch die Liebesgeschichte der Welt

 

Bilder und Impressionen der Aufführungen vom 28. und 29. Mai 2011

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Ausschnitte aus unserer Revue auf Youtube:

 

Der Chor des Liederkranzes Weiler hat unter der Leitung Kathrin Bechsteins einige der bezauberndsten Lieder der Musikgeschichte auf die Bühne gebracht, eine Hommage an die Gassenhauer früherer Generationen, die in all den Jahren nichts von ihrem Charme eingebüßt haben. Operettentitel und Evergreens der 20er- und 30er-Jahre wurden nicht nur gesungen, sondern auch getanzt und gespielt. Basierend auf Lisa Elsers musikalischer Revue „Vom Feigenblatt zum Seidenfrack“, die der Liederkranz vor elf Jahren aufgeführt hat, hat Kathrin Bechstein noch mehr auf Tanz gesetzt, zudem auf gleichermaßen gespielte und gesungene Geschichten rund um einige der bekanntesten Liebespaare und Liebesgeschichten der Welt - mit gutem Grund, waren doch alle Beteiligten „von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“.

Das alte Rom, der paillettentrunkene französische Hof - natürlich konnte der Liederkranz hier mit seinem fast schon legendären, in weiten Teilen dem Großen Haus in Stuttgart zu verdankenden Kostümfundus auf dem Vollen schöpfen. Sie alle haben zeitweise die Art Kleid getragen, die sich ein Mädchen, ganz gleich ob’s siebzehn ist oder siebzig, ins Schlafzimmer hängt. Nicht zum Auslüften oder der Knitterfalten wegen. Weil’s so schön ist. Ob Soli, Duette - wie auch anders - Terzette oder Chöre zu hören waren: Kathrin Bechstein legte insbesondere Wert auf den Revue-Charakter der Inszenierung. Gut so. Es gab den einen oder anderen Moment, an dem sich die durchweg hervorragend geschulten Stimmen ein wenig hätten zurücknehmen können. Herrgott, wenn Marlene liebt und leidet, droht ihre Stimme zu brechen, und, ja, es klingt verrucht.

Bertram Frisch fragte, ob denn Liebe Sünde sein kann, und Agnes Pick hielt mit einem überzeugenden “Davon geht die Welt nicht unter“ dagegen.

Der gesamte Part um Cäsar und Cleopatra wurde von Andrea Cox, Toni Schleicher und Michael Baumann gesungen. Hätte es damals schon Tankstellen gegeben und ein paar Kumpels, die Cäsar zugeredet hätten, wie’s „ein Freund, ein guter Freund“ gemeinhin tut, die Geschichte würde sich heute anders lesen. Richtig Freude machte an diesen beiden Abenden Andrea Cox. Als Ägyptische Schönheit („liebes kleines Fräulein“?) ist sie so präsent auf der Bühne wie die Julia.

Michel Pick gab den Romeo, und wie das so ist mit zwei Herzen im Dreivierteltakt: Es sind bekannte Lieder und alle summen mit und freuen sich.

Madame Pompadour (Brigitte Wanner „Auch Du wirst mich einmal betrügen“ ist ein schwieriger Titel, und sie hat’s richtig gut gemacht) und ihr König, Horst Linke, ließen vollends keinen Zweifel daran, dass die Weilermer nicht nur mit ihren Kostümen verwöhnt sind. Und der Kinderchor garantiert auch künftigen Generationen Liederabende, die zu besuchen sich lohnt.

Stephan Kirchenbauer gab den Wronsky, Soldat am Wolgastrand, Kathrin Bechstein mit ihrer schönen Stimme die Anna Karenina, die ganz sicher weiß: „Niemand liebt dich so wie ich“.

Elvira Arnold war dann eine weitere große, na ja, Geliebte. Selbst geliebt hat Elisabeth wohl nicht. Elvira Arnold zeigte die Zerrissene, in der ein Lied klingt, das gehört werden will. Das Perlenfischer-Duett, gesungen von Stephan Kirchenbauer und Richard Arnold, ist tränentreibend. Und das „Pariser Leben“ oder die Liebeserklärung an Wien machen deutlich, dass noch mehr Glanz und Glamour - so perlend die Nächte in Paris auch sein mögen - die Sisi auch nicht glücklich gemacht hätten. Dann schon lieber träumen vom Glück, wie Bertram Frisch.

Heike Groll sang das Lied, das dieser Revue den Namen gegeben hat: Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt. Ja, der Liederkranz Weiler hat Talente, mit denen zu arbeiten wohl eine Freude ist. Brigitta Wanner ließ die etwas ältere Marlene leben, die gelernt hat, dass es sich nicht lohnt, aus Liebe zu weinen. Und nach dem Schlusschor - selbstverständlich wurde eine Zugabe eingefordert - war allenthalben ein Summen und Singen im Saal zu hören: Unsterbliche Lieder, ein richtig schöner Abend. Danke.

Die Gesangsstücke wurden von Antal Varadi auf dem Klavier begleitet, zum Teil auch von Sarah Enneper auf der Geige. Manfred Laduch führte mit einem Streifzug durch die Weltgeschichte durch den Abend: Diese Art Geschichtslektion, die Politik und Mode und gute Geschichten verbindet, wäre den Schulen zu wünschen - sie würde nicht vergessen oder gar nicht erst wahrgenommen. Neue Stoffe kommen, buchstäblich, zum Tragen, wenn die Toga gegen die Renaissance-Krinoline getauscht wird.

Überdies bemerkenswert: Sie waren allesamt so überzeugt und überzeugend, dass sie auch auf bloßen Holzbrettern hätten auftreten können. Statt dessen zauberten Horst Linkes Kulissen-Projektionen Lichtspiele und nichts weniger als eine Zeitreise auf die Bühne.

 

Text: Birgit Trinkle (RZ) bearb. von Horst Linke, Bilder: Martina Laduch und Blanka Rupp